Oscar Peter Brandt - der Wanne-Eickeler mit den meisten Flugkilometern

Ende der 1950er Jahre waren die Deutschen noch mit den Resten ihrer Wiederaufbauarbeit beschäftigt. Zwischendurch Urlaub gehörte dazu, und ganz Abenteuerlustige wagten sich auch schon wieder über die Grenzen, um ihre Ferien in Österreich, Italien oder Spanien zu verbringen. Aber die Neugier und das Interesse der Deutschen reichte schon längst viel weiter als nur mal über die Alpen. Gut, dass es Stellvertreter gab, die ausgedehnte Reisen unternahmen und von den fernen Plätzen dieser Welt berichteten. Die „Reporter der Windrose“, Peter von Zahns TV-Kult, waren seit 1951 unterwegs. Kurz darauf begann auch Oscar Peter Brandt die Welt zu bereisen.

Der Wanne-Eickeler wurde Globetrotter mehr durch Zufälle als durch festen Vorsatz. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges suchte die Bundesbahn jemanden für ihre Pressearbeit. Über die Vermittlung eines Freundes geriet OPB an diesen Job, zu dem natürlich auch verschiedenste, selbstgefahrene Eisenbahnkilometer gehörten. Eine ideale Möglichkeit für Brandt, nicht nur Geld zu verdienen, sondern dabei auch noch seinen geografischen Horizont zu erweitern und seine private Reiselust zu befriedigen.

Noch besser ging’s dann mit seiner nächsten beruflichen Station, der Lufthansa. Jetzt waren es nicht mehr nur das enge Deutschland und das nahe Europa, jetzt öffneten sich Kontinente für Oscar Peter Brandt. Und von dort berichtete er dann bald einem zunehmend größeren Leser- und Hörerkreis. Namhafte Illustrierte und Zeitschriften druckten seine Reportagen ebenso wie viele Tageszeitungen. In mehr als 100 Blättern war Brandt im Laufe seiner Journalistenkarriere präsent. OPB berichtete in Radiosendungen über seine Erlebnisse und Beobachtungen und führte das akustische „Tagebuch eines Globetrotters“ lange Zeit auf der „Deutschen Welle“.

Die Art der Berichterstattung, des stellvertretenden Reisen und Entdecken für Hunderttausende von Lesern, war bis weit in die 1960er Jahre ausgesprochen beliebt. Brandt gehörte zur kleinen Gilde der Reisejournalisten, die nicht nur ihr Selbsterlebtes schilderten, sondern auch versuchten, politische Zusammenhänge und kulturelle Hintergründe beleuchten.

Für sein erstes Buch „Der Globus brennt“ reiste Brandt überall dahin, wo es wehtat. In die „Wetterecken der Weltpolitik“, wie er es nannte: Zu Krisenherden und potenziellen Krisenherden, in arme Länder und Elendsgebiete. Und hatte eine politische Botschaft für die Daheimgebliebenen im beginnenden Wirtschaftswunderland. Je schneller und effektiver wir den unterdrückten und hungernden Völkern wirtschaftlich und bildungsfördernd helfen, desto geringer die Gefahr einer weltweiten bolschewistischen Kettenreaktion. „Die Fragen, die mir der Rikschamann und der Baumwollpflücker, die Studenten von Kambodscha und die Minenarbeiter in Nordrhodesien gestellt haben, sollen alle hören. Sonst holen sie sich die Antwort eines Tages von den Agitatoren des Ostblocks. Dieses Buch möchte dazu betragen, dass es nicht soweit kommt.“ Sagt er im Vorwort, das er übrigens in der Sahara (!) schrieb.

Er glaubte mit Leidenschaft an die humanistischen Ideale des kapitalistischen Westens. Und war mit noch inbrünstiger Leidenschaft kategorischer Antikommunist. Was ihn aber nicht davon abhielt, Verständnis für den Vietcong aufzubringen oder die Auswüchse des japanischen Kapitalismus zu geißeln. Oder 1960, in einer Zeit, als es im gängigen Sprachgebrauch deutscher Zeitungen immer noch „Neger“ hieß (nicht nur bei der BILD, sondern auch bei Zeitungen wie der WAZ), selbstverständlich von „Farbigen“ oder „Schwarzen“ zu sprechen.

Auch seine weiteren Veröffentlichungen, wie etwa sein zweites Buch „Deutsche in aller Welt“ spielte auf anderen Kontinenten. Trotzdem hing sein Herz an der Heimat. Kaum zu glauben, dass der Globetrotter auch Audio-Cassetten (heute würde man „Hörbücher“ sagen) veröffentlichte zu Themen wie „Freizeit im Revier – die schönsten Ausflugsziele“ oder „Wir Wanne-Eickeler“.

Seiner Stadt blieb Oscar Peter Brandt zeitlebens treu. War er nicht gerade unterwegs, öffnete sich die weite Welt des OPB auf Veranstaltungen und Parties, an Tresen und sogar auf der Cranger Kirmes. Anfang der 1980er lud der weitgereiste Journalist an eigenem Bierstand zum „Schinken vom Jausenbrett“. Vis-a-vis vom Riesenrad stand OPB dann mal auf der anderen Seite der Theke. Und zeigte sich in seiner neuen Rolle als konsequenter Geschäftsmann: Etliche Gäste, die er zur Premiere eingeladen hatte, waren beim Aufbruch sehr überrascht, dass Brandt ihnen die Deckel präsentierte und abkassierte. Eine „Einladung“ hatten sie sich etwas anders vorgestellt …

Oscar Peter Brandt wurde 75 Jahre alt, er starb im November 1984.

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